
Konfliktmanagement-Schulung: Ein unterschätzter Hebel im Unternehmen
Mit wachsendem Arbeitstempo, zunehmender Diversität und variierenden Erwartungen der Generationen werden Spannungen im Team nahezu unvermeidlich.
Auch in der Schweiz beobachten Personalabteilungen immer häufiger zwischenmenschliche Konflikte – mit spürbaren Folgen für das Betriebsklima, Engagement und die Produktivität.
Laut einer Studie von CPP Global (2008) hatten 85 % der Beschäftigten bereits Konflikte im Arbeitsumfeld erlebt; jede dritte Person ist regelmäßig betroffen. Dennoch verfügen viele Mitarbeitende nicht über das nötige Know-how, um solche Situationen zu erkennen, zu verstehen und zu entschärfen.
Warum ist das eine kritische Herausforderung?
Weil ungelöste Konflikte ernsthafte Konsequenzen haben: Demotivation, Stress, Kündigungen, Rückzug und ineffiziente Abläufe.
In vielen Fällen bleiben Spannungen unbehandelt – bis sie eskalieren oder sich verfestigen. Dabei sind Konflikte nicht zwangsläufig destruktiv: Mit der richtigen Begleitung können sie zu Klarheit, Veränderung oder Innovation führen.
De Dreu & Gelfand (2008) zeigen: Auch wenn Konflikte kurzfristig destabilisieren, bieten sie die Chance, Rollen neu zu definieren, Kommunikationswege wiederherzustellen oder Prozesse zu hinterfragen.
Eine aktive Konfliktkultur aufbauen
Unternehmen, die ein professionelles Konfliktmanagement anstreben, können folgende Hebel nutzen:
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Schaffung eines klaren Rahmens für teaminternen Dialog
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Einsatz von internen oder externen Mediatoren
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Etablieren transparenter Feedback-Rituale
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Anwendung von Instrumenten wie der Thomas-Kilmann-Matrix, Gewaltfreier Kommunikation (GFK) oder Dialogkreisen
Ziel ist es nicht, Meinungsverschiedenheiten auszuschließen – das wäre illusorisch –, sondern als Team resilient mit Konflikten umzugehen und gestärkt daraus hervorzugehen.
Training als Basis – aber kein Wundermittel
Der Aufbau zwischenmenschlicher Kompetenzen ist Pflicht. Doch Weiterbildung allein löst keine Konflikte automatisch. Es geht darum:
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Konflikte in Werten, Methoden oder Rollen zu erkennen und einzuordnen
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Strategien für emotionale Selbstregulation und respektvolle Zusammenarbeit zu vermitteln
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Eine gemeinsame Sprache für alltägliche Konfliktlösung zu etablieren
Diese Ansätze betreffen sowohl Führungskräfte als auch Teams und können Teil einer größeren HR-gesteuerten Klima-Strategie sein.
Und jetzt…? Welche Rolle übernimmt jede*r bei der Konfliktprävention?
In einer hybriden, diversen und unsicheren Arbeitswelt darf Konfliktmanagement kein Randthema mehr sein.
Doch wer übernimmt Verantwortung? Wer handelt? Und wie weit kann ein Team sich selbst regulieren?
Diese Fragen laden Unternehmen dazu ein, Verantwortlichkeiten neu zu denken – zwischen HR, Führung, Mitarbeitenden und Mediationsstrukturen.
Ist jetzt der richtige Moment, um die Rolle des Dissenses in der Unternehmenskultur neu zu definieren?
Quellen:
De Dreu, C. K. W. & Gelfand, M. J. (2008). Conflict in the Workplace: Sources, Functions, and Dynamics across Multiple Levels of Analysis. Annual Review of Psychology
CPP Global (2008). Workplace Conflict and How Businesses Can Harness It to Thrive
Rosenberg, M. (1999). Gewaltfreie Kommunikation. Junfermann Verlag